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Mit Gott zu Mittag gegessen

Es war einmal ein kleiner Junge, der unbedingt Gott treffen wollte. Er war sich darüber bewusst, dass der Weg zu dem Ort, an dem Gott lebte, ein sehr langer war. Also packte er sich einen Rucksack voll mit einigen Coladosen und mehreren Schokoladenriegeln und machte sich auf die Reise.

Er lief eine ganze Weile und kam in einen kleinen Park. Dort sah er eine alte Frau, die auf einer Bank saß und den Tauben zuschaute, die vor ihr nach Futter auf dem Boden suchten.

Der kleine Junge setzte sich zu der Frau auf die Bank und öffnete seinen Rucksack. Er wollte sich gerade eine Cola herausholen, als er den hungrigen Blick der alten Frau sah. Also griff er zu einem Schokoriegel und reichte ihn der Frau.

Dankbar nahm sie die Süßigkeit und lächelte ihn an. Und es war ein wundervolles Lächeln! Der kleine Junge wollte dieses Lächeln noch einmal sehen und bot ihr auch eine Cola an.

Und sie nahm die Cola und lächelte wieder – noch strahlender als zuvor. Der kleine Junge war selig.

Die beiden saßen den ganzen Nachmittag lang auf der Bank im Park, aßen Schokoriegel und tranken Cola – aber sprachen kein Wort.

Als es dunkel wurde, spürte der Junge, wie müde er war und er beschloss, zurück nach Hause zu gehen. Nach einigen Schritten hielt er inne und drehte sich um. Er ging zurück zu der Frau und umarmte sie.

Die alte Frau schenkte ihm dafür ihr allerschönstes Lächeln.

Zu Hause sah seine Mutter die Freude auf seinem Gesicht und fragte: „Was hast du denn heute Schönes gemacht, dass du so fröhlich aussiehst?“

Und der kleine Junge antwortete: „Ich habe mit Gott zu Mittag gegessen – und sie hat ein wundervolles Lächeln!“

Auch die alte Frau war nach Hause gegangen, wo ihr Sohn schon auf sie wartete. Auch er fragte sie, warum sie so fröhlich aussah.

Und sie antwortete: „Ich habe mit Gott zu Mittag gegessen – und er ist viel jünger, als ich gedacht habe.“

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Veränderung (Renate Windisch)

Die Angst
„Ich genüge nicht“
hindert uns zu wagen.

Der Filter
„Ich weiß es schon“
hindert uns zu sehen.

Die Vermutung
„Du willst ja nicht“
behindert uns zu bitten.

Die Floskel
„Das war schon immer so“
hindert uns zu hören.

Das Vorurteil
„So bist du eben“
hindert uns, aufs neue zu beginnen.

Die Überzeugung
„Das geht doch nicht“
hindert uns zu experimentieren.

 

Die Sehnsucht, der Mut zu werden, was sein kann,
fordert uns auf, trotz allem.

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Das eine Wort – vom Wollen und werden

Das eine wort ist mächtig,
sprichs einer leis und still,
die Sterne reists vom Himmel,
das eine Wort
Ich will!

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Ich spüre eine Kraft

Ich spüre eine Kraft

Ich spüre,
dass ganz tief in mir,
im Kern meiner Existenz

eine Kraft ist,
die es unnötig macht,
mich mit anderen zu vergleichen,

eine Kraft,
die mich ermutigt,
Verkümmertes zu entwickeln,

eine Kraft,
die mich freuen lässt,
an dem was erreicht ist,

eine Kraft,
die mich einsehen lässt,
wo meine Grenzen sind

eine Kraft,
die mich ja sagen lässt,
ja zu mir, so wie ich bin

ich will mich ihr nähern,
dieser geheimnisvollen Kraft.
Ich nenne sie Gott

(Max Feigenwinter)

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Das Märchen von der Traurigkeit – Inge Wuthke

Das Märchen von der Traurigkeit von Inge Wuthke

Es war eine kleine Frau,die den staubigen Feldweg entlang kam. Sie war
wohl schon recht alt, doch ihr Gang war leicht und ihr Lächeln hatte den
frischen Glanz eines unbekümmerten Mädchens. Bei der zusammengekauerten
Gestalt blieb sie stehen und sah hinunter. Sie konnte nicht viel
erkennen.

Das Wesen,das da im Staub des Weges sass,schien fast körperlos. Es
erinnerte an eine graue Flanelldecke mit menschlichen Konturen. Die
kleine Frau bückte sich ein wenig und fragte:“Wer bist du?“

Zwei fast leblose Augen blickten müde auf. „Ich? Ich bin die
Traurigkeit“,flüsterte die Stimme stockend und so leise,das sie kaum zu
hören war.
„Ach die Traurigkeit!“ rief die kleine Frau erfreut aus,als würde sie
eine alte Bekannte grüssen. Du kennst mich?“ fragte die Traurigkeit
misstrauisch. „Natürlich kenne ich dich! Immer wieder einmal hast du
mich ein Stück des weges begleitet.“
„Ja aber…“
argwöhnte die Traurigkeit, „Warum flüchtest du dann nicht vor mir? Hast
du denn keine Angst?“ „Warum sollte ich vor dir davonlaufen, meine
Liebe? Du weisst doch selbst zu gut das du jeden Flüchtigen einholst.
Aber,was ich dich fragen will: „Warum siehst du so mutlos aus?“
„Ich…ich bin traurig“, antwortete die graue Gestalt mit brüchiger
Stimme.
Die kleine,alte Frau setzte sich zu ihr. „Traurig bist du also“, sagte
sie und nickte verständnisvoll mit dem Kopf. „Erzähl mir doch,was dich
bedrückt.“ Die Traurigkeit seufzte tief. Sollte ihr diesmal wirklich
jemand zuhören wollen?
Wie oft hatte sie sich das schon gewünscht. „Ach,weisstdu“,begann sie
zögernd und äusserst verwundert,“es ist so,das mich einfach niemand mag.
Es ist nun mal meine Bestimmung, unter die Menschen zu gehen und für
eine gewisse Zeit bei ihnen zu verweilen. Aber wenn ich zu ihnen komme,
schrecken sie zurück.

Sie fürchten sich vor mir und meiden mich wie die Pest.“ Die Traurigkeit
schluckte schwer. „Sie haben Sätze erfunden, mit denen sie mich bannen
wollen. Sie sagen:Papperlapapp,das Leben ist heiter“: Und ihr falsches
Lachen führt zu Magen-Darm-Krämpfen und Atemnot. Sie sagen“Gelobt sei,
was hart macht“ und dann bekommen sie Herzschmerzen. Sie sagen:“ Man
muss sich zusammenreissen.“ Und sie spüren das Reissen in den Schultern
und im Rücken. Sie sagen:“ Nur Schwächlinge weinen.“ Und die
aufgestauten Tränen sprengen fast ihre Köpfe. Oder aber sie betäuben
sich mit Alkohol und Drogen, damit sie mich nicht fühlen müssen.

OH ja“, bestätigt die alte Frau,“ solche Menschen sind mir schon oft
begegnet.“ Die Traurigkeit sank noch ein wenig mehr in sich zusammen.
Und dabei will ich den Menschen doch nur helfen. Wenn ich ganz nah bei
ihnen bin,können sie sich selbst begegnen,ich helfe ihnen, ein Nest zu
bauen, um ihre Wunden zu pflegen. Wer traurig ist hat eine sehr dünne
Haut. Manches Leid bricht wieder auf wie eine schlecht verheilte Wunde,
und das tut sehr weh. Aber nur , wer die Trauer zulässt und all die
ungeweinten Tränen weint, kann seine Wunden wirklich heilen.

Doch die Menschen wollen gar nicht, das ich ihnen dabei helfe.
Stattdessen schminken sie sich ein grelles Lachen über ihre Narben. Oder
sie legen sich einen dicken Panzer aus Bitterkeit zu.“

Die Traurigkeit schwieg.

Ihr Weinen war erst schwach, dann stärker und schiesslich ganz
verzweifelt. Die kleine, alte Frau nahm die zuammengesunkene Gestalt
tröstend in ihre Arme. Wie weich und danft sie sich anfühlt, dachte sie
und streichelte zärtlich das zitternde Bündel. Weine nur,Traurigkeit“;
flüsterte sie liebevoll.“ruh dich aus,damit du wieder Kraft sammeln
kannst. Du sollst von nun an nicht mehr alleine wandern. Ich werde dich
begleiten, damit die Mutlosigkeit nicht noch mehr an Macht gewinnt.“

Die Traurigkeit hörte auf zu weinen. Sie richtete sich auf und
betrachtete erstaunt ihre neue Gefährtin.

„Aber…aber-wer bist eigentlich du?“
„Ich?“ sagte die kleine, alte Frau schmunzelnd, und dann lächelte sie
wieder so unbekümmert wie ein kleines Mädchen:“

„Ich bin die Hoffnung:“